Beziehung – vom Verstehen zum Resonanzhören

In Gesprächen mit anderen geht es uns oft um das Verstehen. Wir möchten verstanden werden. Wir möchten die andere Person verstehen. Und wenn das nicht gelingt, fühlt es sich an wie Trennung, wie Alleinsein.

Doch was, wenn Beziehung nicht auf Verstehen beruht?

Was, wenn der tiefere Kontakt beginnt, wenn wir das Verstehen loslassen?

Verstehen will einordnen, erklären, kontrollieren.
Es will Sicherheit herstellen: "Wenn ich dich verstehe, weiß ich, wie ich mit dir umgehen kann." Doch Beziehung ist kein Ordnungssystem. Beziehung ist ein Feld, das schwingt. Und dieses Feld reagiert nicht auf Begriffe, sondern auf Präsenz.

Beziehung entsteht nicht, wenn ich erkläre, wer ich bin.
Sondern wenn ich mich zeige. In dem, was ich spüre. In dem, was ich nicht weiß. In dem, was zwischen uns auftaucht.

 
 

Ein Beispiel: Eine Freundin erzählt, dass sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben fragt, wie sie wohnen möchte. Sie zeigt mir Bilder von Kaminen, spricht von der Sehnsucht nach Wärme, nach einem Raum, der ihr entspricht.

Ich könnte das analysieren. Oder bestätigen. Oder ihr helfen, den richtigen Kamin zu finden.

Aber stattdessen höre ich tiefer. Ich spüre: In mir spricht etwas mit. Ein Bild taucht auf: Ein innerer Kamin. Ein Ort in mir, der nach Wärme ruft.

Das ist Resonanzhören.

Ich verstehe sie nicht. Ich spüre mich in ihr. Und sie sich vielleicht in mir. Ohne dass wir das benennen müssen.

Beziehung ist dann lebendig, wenn wir bereit sind, berührbar zu sein.
Nicht perfekt. Nicht erklärt. Sondern präsent.

Vielleicht ist es das, was wir uns am meisten wünschen:
Nicht verstanden zu werden. Sondern gesehen. Gehalten. Gefühlt.

Und vielleicht beginnt dort echte Beziehung:
Wo wir uns zeigen, nicht um verstanden zu werden –
sondern um gemeinsam zu schwingen.

Resonanzhören mit mir selbst

Diese Haltung lässt sich auch auf die Beziehung zu mir selbst anwenden. Vielleicht sogar zuerst dort.

Denn: Wie oft versuche ich, mich selbst zu verstehen – statt mich einfach zu fühlen?

Verstehen wird zur Strategie der Kontrolle: Warum bin ich so? Was stimmt nicht mit mir? Warum reagiere ich immer wieder auf diese Weise?

Aber in mir lebt kein starres Ich, das erklärt werden will. Sondern ein lebendiges, schwingendes Feld, das jeden Moment neu antwortet – wenn ich hinhöre.

Wenn ich aufhöre, mich zu analysieren, und beginne, mich zu empfangen – in meiner Wut, meiner Angst, meiner Sehnsucht – dann entsteht Beziehung. Nicht über Begriffe. Sondern über Resonanz.

Ich bin. Und ich höre mich. Und das genügt.

Vielleicht ist das der erste Ort, an dem Resonanzhören heilsam wirkt:
Im Raum mit mir selbst – wo nicht mehr Kontrolle das Ziel ist, sondern Präsenz.