Meine ersten Versuche, Kontrolle loszulassen
Ich habe mich gefragt, wie viel Kontrolle in meinem Alltag eigentlich mitläuft. Nicht nur in den offensichtlichen Situationen, sondern in ganz alltäglichen Momenten:
Wenn ich meinem Hund die Leine anlege, weil ich keine Lust habe, ihn zu suchen, falls er wegläuft.
Wenn ich jemandem ausweiche, um ein Gespräch zu vermeiden.
Wenn ich einem Bettler nicht begegne, weil ich mich nicht mit meinem "Nein" konfrontieren will.
Ist das schon Kontrolle? Oder ist es Selbstschutz?
Oder eine Gewohnheit, die aus alten Erfahrungen entstanden ist?
Was mir klar wurde: Es geht weniger um die Handlung selbst – sondern um das, was ich vermeiden will. Um die Angst, die darunter liegt.
Und bei mir war sie schnell da: "Wenn ich aufhöre zu kontrollieren, bin ich ausgeliefert."
Dieses Gefühl kam nicht nur aus dem Jetzt. Es kam von weiter hinten. Aus einer Kindheitserfahrung mit meinem Vater, die ich nie ganz vergessen habe. Und aus vielen Situationen, in denen ich das Gefühl hatte, für Dinge verantwortlich gemacht zu werden, die ich nicht tragen konnte.
Ein starker Satz hat mir geholfen:
"Ich würdige meine Angst vor dem Ausgeliefertsein."
Nicht wegmachen. Nicht überwinden. Sondern ihr Raum geben. Und das Mädchen in mir zu mir holen, das damals unter den Tisch geflüchtet ist.
Heute beim Spaziergang habe ich meinen Hund frei laufen lassen. Ich habe zu mir gesagt: Ich hole das Mädchen heim.
Und plötzlich war da etwas anderes: Ich spürte, wie ich mich ausdehne, wenn ich nicht in Angst und Kontrolle bin. Wie ich meinen ganzen Körperraum einnehme. Wie viel präsenter ich bin.
Und ich erinnerte mich an etwas Wichtiges: Die Schmerzen in meinen Armen – sie haben mit dem Halten zu tun. Und das Halten hat mit Kontrolle zu tun.
Ich fragte mich: Fühlt mein Hund das? Wenn ich nicht ganz da bin, weil ich kontrolliere? Ist er dann vielleicht genauso allein wie ich mich damals gefühlt habe?
Also sagte ich mir:
"Wir schwingen gemeinsam durch diesen Spaziergang. Du auf deine Art, ich auf meine."
Und ich spürte: Die vorherrschende Schwingung meines Hundes ist Neugier. Wie ein offener Kanal zur Welt.
Vielleicht ist weniger Kontrolle nicht Verlust. Sondern Einladung.
Vielleicht ist mein Feld größer, wenn ich nicht alles halten muss, weil ich es kontrollieren möchte.
Vielleicht bin ich dann nicht ausgeliefert. Sondern verbunden.
Das hier sind nur meine ersten Versuche. Und sie fühlen sich klein an.
Aber irgendwie auch groß.