Innere Bilder als Wegweiser

Manchmal sind es keine Worte, sondern innere Bilder, die mir zeigen, wo ich stehe. Und wohin es geht.

Diese Bilder tauchen auf wie Erinnerungen aus einem tieferen Raum – nicht immer erklärbar, aber spürbar wahr. Zwei von ihnen möchte ich heute teilen, weil sie mir auf meinem Weg geholfen haben, den Unterschied zwischen "arbeiten" und "Raum halten" zu verstehen.

1. Das Trampolin-Bild

Ich sehe mich auf einem schmalen Balancierbrett stehen, das auf einem Trampolin liegt. Es ist ein Balanceakt, aber ich halte mich. Dann gebe ich ein Stück meines Bretts an mein Gegenüber weiter, damit auch er balancieren kann. Erst 30 cm, dann 50. Plötzlich habe ich selbst nur noch 50 cm. Zu wenig, um sicher zu stehen.

Was mir dieses Bild gezeigt hat:
Ich versuchte, anderen Halt zu geben – auf Kosten meines eigenen Gleichgewichts. Das war keine echte Hilfe, sondern eine stille Selbstverleugnung. Der Raum, den ich für mich brauche, ist nicht egoistisch. Er ist die Voraussetzung dafür, dass ich überhaupt da sein kann. Voll. Gegenwärtig. Wahr.

Die Lektion:
Nicht ein Brett teilen.
Zwei Trampoline. Zwei Bretter. Zwei ganze Menschen.

Ich darf meinen ganzen Raum einnehmen. Das ist meine Gabe.

 
 

2. Die zwei Gesichter des Sandes

Ich habe gefragt: Wie sieht das Raumhalten aus, wenn ich aus der Stille heraus begleite? Und wie sieht es aus, wenn ich eine Methode verwende, z.B. das lösungsorientierte Malen?

Zwei Bilder tauchten auf. In beiden ein blauer Sandeimer.

Aus der Stille heraus:
Der Sand wird ausgeschüttet. Jemand schaufelt. Es fliegen Emotionen: Frust, Wut. Und dann, plötzlich: ein Mensch, der im Sand liegt und einen Engel formt. Stille. Freude. Eine Altbauwohnung in Aussicht.

Mit Methode:
Der Sand bleibt im Eimer. Eine Burg entsteht. Klar. Strukturiert. Aber dann kommt die Flut. Und nimmt sie mit.

Was mir diese Bilder gezeigt haben:
Stille ist roh. Ungeordnet. Offen. Aber sie führt zu echter Begegnung.
Methode gibt Struktur. Sicherheit. Aber auch Begrenzung.

Beides hat seinen Platz. Aber wenn ich das Bild der Flut sehe, verstehe ich:
Methoden tragen – bis zu einem Punkt. Dann brauchen sie Loslassen.
Nicht, weil sie falsch sind. Sondern weil das Leben größer ist.

Ich bin nicht die Methode.
Ich bin die stille Bereitschaft – ob der Sand fließt oder steht.

Ein leiser Wandel

Was mich in diesen Bildern berührt, ist ihre Sanftheit.
Sie sagen nicht: Du hast falsch gearbeitet.
Sie sagen: Du bist unterwegs.

Es gibt Zeiten, da bauen wir Burgen. Es gibt Zeiten, da lassen wir sie gehen.
Und manchmal legen wir uns einfach in den Sand.

Vielleicht erkennst du dich in einem dieser Bilder.
Vielleicht taucht dein eigenes auf, wenn du es zulässt.

Ich teile meine nicht, weil sie allgemeingültig sind.
Sondern weil sie mich erinnern.
An das, was ich oft vergesse:

Mein Raum ist genug.
Meine Präsenz ist Geschenk.
Und das Bild, das sich zeigt, kennt den Weg.

Von Herzen,
Gabriele