Im JETZT sein: innere Freiheit mit dem Mandala des Lebens

Es gibt Sätze, die sich tief in uns eingeprägt haben.
Worte, die wir vielleicht als Kind gehört haben – oder die wir uns selbst immer wieder sagen.
Diese Sätze sind mehr als Gedanken. Sie sind kleine Realitäten, die sich in unserem Körper festsetzen, unsere Gefühle einfrieren und uns unmerklich in alte Geschichten zurückziehen.

Der amerikanische Arzt und Bewusstseinslehrer Richard Moss beschreibt in seinem Buch „Die Kraft der Präsenz“, wie wir diesen inneren Schleifen begegnen können – nicht durch Analyse oder Technik, sondern durch einen klaren Blick in das, was gerade wirklich da ist.

Er nutzt dafür das Mandala des Lebens – kein Werkzeug im klassischen Sinn, sondern ein Spiegel, der uns zeigt, wo in uns wir uns gerade befinden:
In der Vergangenheit? In der Zukunft? Im Ich? Im Du?
Und vor allem: Sind wir im Jetzt?

 
 

Fallbeispiel: Wenn ein Satz sich einprägt

Vor mir sitzt Anna*, eine Frau Mitte 40.
Kaum hat sie Platz genommen, sagt sie:

„Wenn ich an meine Mutter denke, kommt sofort dieser Satz: Du bist übergriffig.
Mein Bauch zieht sich zusammen. Mein Hals wird eng.“

Ich lade Anna ein, nur zu spüren: ihre Füße auf dem Boden, den Atem, der kommt und geht.
Dann bitte ich sie, den Satz noch einmal innerlich aufzurufen – und dabei nur den Körper sprechen zu lassen.

„Wo spürst du es?“
„Im Bauch… und im Hals.“

Wir bleiben da. Keine Analyse. Kein Korrigieren. Nur ein stilles Da-sein.

Dann öffne ich den Raum:

„Während du das spürst – nimm gleichzeitig auch die Umgebung wahr.
Die Geräusche. Den Raum. Den Boden.“

Ihr Atem wird tiefer. Ihre Schultern sinken.
Ich lege fünf Kärtchen auf den Boden: JETZT,Vergangenheit, Zukunft, Ich, Du.

„Wo gehört dieser Satz hin?“
„Zum Du.“

Sie stellt sich dorthin – und der alte Schmerz wird spürbar.

Anna geht dann langsam zurück in die Mitte, ins Jetzt.

„Und jetzt stell dir vor, du hättest diesen Gedanken noch nie gedacht.
Wie fühlt sich das an – ohne diese Geschichte?“

Lange Stille.
Dann sagt sie:

„Leer… aber friedlich. Mein Hals ist frei.“
„Ich spüre sogar Liebe zu meiner Mutter.“

Warum das wirkt – und was das Mandala nicht ist

Das Mandala des Lebens ist kein „Tool“, das man anwendet, um etwas zu verändern.
Es ist ein Orientierungsraum, der sichtbar macht, wo man innerlich gerade steht –
und was sich verändern könnte, wenn man in die Mitte zurückkehrt.

Der Effekt kommt nicht durch eine Methode, sondern durch die Qualität der Aufmerksamkeit:
Wenn du beginnst zu schauen, wo du stehst, statt dich mit dem Inhalt deiner Gedanken zu identifizieren, entsteht Raum. Und in diesem Raum kann Heilung geschehen – nicht durch Tun, sondern durch Anwesenheit.

Eine kleine Übung für dich

  1. Finde einen Satz, der dich oft belastet.

  2. Spüre, wo im Körper er sitzt.

  3. Bleib dort. Atme weich. Nichts verändern.

  4. Weite deine Wahrnehmung – Geräusche, Licht, Atem.

  5. Frag dich: „Wie wäre es, wenn ich diesen Gedanken nie gedacht hätte?“

  6. Spüre, was sich verändert – ganz ohne Ziel.

Das Mandala des Lebens zeigt dir nicht den Weg.
Es zeigt dir, wo du gerade bist.
Und das genügt.

*Name geändert.
Inspiriert von den Arbeiten von Richard Moss, „Die Kraft der Präsenz“.